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AUS DER PSYCHIATRISCHEN
KLINIK DER UNIVERSITAT ZURICH
(Prof. Dr . \I . BLEU LER
DEM PHARMAKOLOGISCHEN LABORATORIUM DER SANDOZ A.-G., BASEL
(Prof. Dr . E. ROTHLIN
ein Phantastikum aus der Mutterkorngruppe
Seiit je fesselte das Mutterkorn, das eigenartige auf der Roggenähre ent-
stehende Sklerotium von C'laviceps purptirea . das medizinische fnteresse .
Alt ist seine Verwendung in der Geburtshilfe ; neueren Datums, aber nicht
weniger unbestritten, ist die Erkenntnis
sympathikolystischer Wirkungen
mancher Komponenten des Mutterkorns . Eine umfangreiche Literatur
stellt die geburtsshilflichen und die vegetativ-nervösen Indikationen dar ;
(Rothlin
ein jungster Beitrag sind die Arbeiten über Dihydroergotamin
[1] i a .). Und nun zeigt es sich, daß ein Mutterkornabkömmling wider alles
Erwarten in hochst auffälliger Weise auch auf die Psyche einzuwirken ver-
mag . 1 :5
handelt sich nicht etwa um schwer toxische, wirre Bilder . die durch
.
gr
osse
Mengen irgendeines organischen Stoffgemisches oft erzeugt werden
Vielmehr haben wir einen wohldefinierten Körper zu besprechen,
der in ungeahnt geringen Dosen das seelische Geschehen wiederhol bar
gleichsinnig beeinflußt . Dieser Stoff ist das Lysergsäure-diäthylamid
(L S 11) . Seine eigentümliche psychische Wirkung wurde im Mut erkorn-
L
aboratorium der Sandoz AG.,Basel, von Her nDr.phil. A.Hofman
t> ;
Lysergsäure-diäthylarnid,
entdeckt. . Er schreibt in seinem Laboratoriumsbericht vorn 22 . 4. 1943 u . a . :
.n 'I ;
Vergangenen Freitag, den 16. April, musste
ich mitten im Nachmittag meine
Arbeit im Laboratorium unterbrechen und mich nach Hause in Pflege begeben, da
< o, einer merkwürdigen Unruhe, verbunden mit einem leichten Schwindelgefühl,
i
ich inich nieder und versank in einen nicht
zu
befall
wurde
Hause legte
unange-
nehme
n rauschartigen Zustand,dersichdurcheineäußerst anger gte Phantasie
kennzeichnete Im Dämmerzustand bei geschlossenen Augen (das Tageslicht empfand
außer-
ich als
unangenehm
grell) drangen ohne Unterbruch phantastische Bilder von
Plastizität und mit intensivem, kaleidoskopartigem
Farbenspiel auf
mich ein
iii .
Nach etwa 2 Stunden verflüchtigte sieh dieser Zustand."
Hofmann
vermutete
eine toxische: Beeinflussung und dachte zumachst
an eine
Lösungsmittelvergiftung ,: Er fährt in seinem Bericht. aber wie folgt fort:
t.
in
Als
weitere außerordentliche Substanz hatte an jenem Freitag das d-Lyserg- erg-
säure-, bzw. Isolysergsaure-diathylamid im Laboratorium figuriert. Ich hatte" nach
verschiedenen Methoden versucht, Glas aus den beiden Isomeren bestehende
Konden-sationsprodukt zurein gen undin dieKompone tenzuzerleg n.Eswaren aber erst
Vorversuche reit wenigen Milligrammen Substanz und es war mir oben gelungen
HA-
d-Lysergsaure-diathylamid als
gut kristallisierendes, spielend wasserlösliches.
Neutrales Tartrat zu fassen . Es schien mir allerdings unerklärlich, auf welche
We
ise
ich eine, die oben geschilderte Wirkung ermöglichende, genügend große Menge dieses
Stoffes hatte erwischt haben können . Auch die Art der Wirkung schien weder mit
den Symptomen der Ergotamin-Ergotoxin- noch der Ergobasin-Gruppe verwandt
zu sein . Ich wollte aber der Sache auf den Grund gehen, und ich beschloß, seit dem
kristallisierten d-Lysergsaure-diaethylamid-tartrat einen Selbstversuch zu machen .
Da, wenn dieser Stoff als Ursache in Frage kam, er in sehr kleiner Dosis wirksam sein
mußte, begann ich reit der kleinsten Menge, von der, verglichen mit den Verhaeltnissen
beim Ergotamin oder Ergobasin, noch eine feststellbare Wirkung zu erwarten r+ a war.
nahm dementsprechend 250 y d-LSD-taitrat in wassriger Loesung ein.
Hofmann
Nach 40 Minuten bemerkte ei "leichtes Schwindelgefühl, Unruhe, Gedanken nur
schwer zu konzentrieren, Sehstörungen, Lachreiz."
hören die Aufzeichnungen im Laborjournai auf. Die letzten Worte konnten
"Hier
nur noch mit Mühe niedergeschrieben werden . Ich bat meine Laborantin, mich nach
Hause zu begleiten, da ich glaubte, die Sache nehme den gleichen Verlauf wie die
Störung am vergangenen Freitag. Aber schon auf dem Heimweg per Rad zeigte
es
sielt, daß alle Symptome stärker waren als das erste
Ich hatte
Mal
bereits groes te'Mühe, klar zusprechen undmeinGesichtsfeld schwankte undwar verzer t nie ein
Bild in einem verkrümmten Spiegel . Auch hatte ich das Gefühl, nicht vom Fleck zu
kommen, wahrend mir nachher meine Laborantin sagte, daß wir ein scharfe,
gefahren seien."
Der Zustand
Hofmann's
verschlechterte sieh,
daß ich kaum mehr
r
ichtig
Aus-
kunft geben konnte".
Soweit ich mich erinnern kann, waren wahrend dem Hoehepunkt der Krise
bereits überschritten war, als der Arzt ankette, folgende Symptome am aus
ge
pr
aeg-
-
tester) : Sehwindel, Sehstörungen ; die Gesichter der anwesenden erschienen mir
vie
farbige Fratzen ; starke motorische Unruhe, wechselnd mit Lähmungen ; ein
Kopf,
der ganze Körper und die Glieder dünkten mich zeitweise schwer, wie mit Metall
gefüllt ; in den Waden Krampfe, Haende zeitweise kalt, empfindungslos ; all[ der
metallischer Geschmack ; Kehle trocken, zusammengezogen ; Erstickungs
gefuhl;
abwechselnd betäubt, dann wieder klares Erkennen der Lage, wobei ich zeit
weise
als
außerhalb stehender neutraler Beobachter feststellte, wie ich halb wahnsinnig s schrie
oder unklares Zeug schwatzte.`'
Der Arzt fand einen etwas schwachen Puls, im übrigen aber einen normalen
Kreislauf. Sechs Stunden nach der Einnahme des LSD "hatte sich mein Zustand
bereits weitgehend gebessert ."
"Ausgeprägt waren noch die Sehstörungen . Alles schien
zu
wanken und +war in
den Proportionen verzerrt, ähnlich dem Spiegelbild auf einer bewegten Wasser
flache
Dazu war alles in wechselnde, unangenehme, vorwiegend giftig grüne und blaue Farbe-
töne getaucht . Bei geschlossenen Augen drangen ständig farbige, sehr
plastische
und phantastische Cebjlde auf mich ein. Besonders merkwuerdig war, wie
alle
akusti
sehen Wahrmehmungen, etwa das Geräusch eines vorüberfahrenden Auto- . in op
tische Empfindungen transponiert wurden, so daß durch jeden Ton und jedes QQ,
rausch ein entsprechendes farbiges Bild, in Form und Farbe kaleidoskopartig
7
wind, ausgelöst wurde."
il
Nach einer schlafreichen Nacht fühlte sich
Hofmann
vollkommen
gesund
auch etwas muede."
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